Archiv für den Monat: August 2012

Vanillekipferl, handschriftlich

Als ich neulich im Keller meines Vaters nach etwas suchte, machte ich eine Entdeckung, die mich berührt hat. Auf den Stahlregalen, zwischen den Vorräten, Werkzeugen und Kartons, klemmte eine Keksdose. Und auf ihr klebte ein Etikett, das meine Mutter einst per Hand beschriftet hat. ‚Vanillekipferl‘ steht darauf. Als ich dieses Wort las, kamen mir die Tränen.

In den Bögen, die von einem geraden, symmetrischen V über das a, n und i in die beiden geschwungenen ls führen, erkannte ich ebenso die Schrift meiner Mutter wie in dem klassischen handschriftlichen k, dem fein geführten f und dem r, das immer ein wenig nach rechts verrutschte, und dabei einen wunderbaren Extrabogen schlug, bevor es in den letzten Buchstaben des Wortes überging. Meine Mutter lebt schon einige Jahre nicht mehr. Dieses kleine handschriftliche Klebeetikett ist geblieben. (…)

Was ich dann auf der Keksdose im Keller meines Vaters statt des Aufklebers mit dem Wort „Vanillekipferl“ gefunden hätte? Ich weiß es nicht genau. Wahrscheinlich eine lange, einzigartige Reihe aus binären Zahlen: 01110110 01100001 01101110 01101001 01101100 01101100 01100101 01101011 01101001 01110000 01100110 01100101 01110010 01101100.

via miriammeckel.de

Diese beiden Zitate umreißen einen (schon etwas älteren, aber eben wiederentdeckten) Artikel von Miriam Meckel mit dem Titel „Sich die Welt erschreiben“. Ich empfehle folgendes: Zunächst den kompletten Artikel lesen, in aller Ruhe und mit voller Konzentration. Anschließend lese man noch den Artikel, aus dem das folgende Zitat stammt:

Derart perfider und gleichzeitig schmerzhaft unterkomplexer, in sich wenig stringenter Kultur- und Technikpessimismus wäre an sich einfach zu übergehen. Aber er kommt von einer profilierten Medienwissenschaftlerin, einer prominenten Professorin und gefragten Autorin zu diesen Themen. Die letztlich, und das zeigt ihr Text, nichts anderes tut als Klischees aufzuwärmen, zu simplifizieren und vorgetäuscht zu argumentieren. Sie besetzt eine sehr enge Perspektive und verlässt sie nicht einmal versuchsweise. Sie ist eben mit Handschrift aufgewachsen, sie mag Handschrift, jetzt gibt es einen Wandel, also ist der Wandel schlecht. Wie schwach sie dabei argumentiert ist ein Ärgernis an sich. Ihre Position wäre sicherlich akzeptabel, würde sie diese solide unterfüttern.

Dass ein Stift auch nur Technik ist, muss eine Medienprofessorin offenbar nicht interessieren. Dass der Mensch nicht als handschriftlich schreibendes Wesen auf die Welt kam, ist wohl ein Fehler der gängigen Schöpfungsmythen. Was ist mit der Kulturtechnik des Reitens als haptisch-biologischer Erfahrbarkeit von Mobilität? Von seelenlosen Fahrrädern und Autos verdrängt? Was ist ein Mensch ohne eigenen Reitstil?

via alrightokee.de

Der Aritkel stammt von Friedemann Karig, den der eine oder andere vielleicht noch aus dessen Ehrensenf-Zeit kennt und dessen Blog alright, okee! ich hiermit ausdrücklich empfehlen möchte.

Patent auf den Gewinn von Patentstreitigkeiten

Viele Leute werden sich heute freuen und Genugtuung empfinden über die Strafe, die Samsung jetzt an Apple zahlen muss. Eine Milliarde Dollar. Aber das ist ja auch richtig so, Ideen klauen, das geht einfach nicht. Oder wie Apple-CEO Tim Cook es heute ausdrückte:

The jury has now spoken. We applaud them for finding Samsung’s behavior willful and for sending a loud and clear message that stealing isn’t right. (…) Today, values have won and I hope the whole world listens.

via 9to5mac.com

Rein rechtlich mag das alles so seine Richtigkeit haben, ob das alles gerade richtig läuft ist eine ganz andere Frage (von der Scheinheiligkeit hinter diesen Aussagen mal ganz zu schweigen). Deshalb empfehle ich, 10 Minuten in das folgende Video und dann noch mal mindestens 10 Minuten in das eigenen Nachdenken zu investieren. „Embrace the Remix“:

Und jetzt mein Pro-Tipp an Apple: Lasst euch doch einfach den Gewinn von Patentstreitigkeiten patentieren. Das wäre die Zwickmühle schlechthin und ihr seid in jedem Fall Gewinner.

Spielchen der Jugend

Ich war mir bis heute nicht ganz sicher, ob diese Spielchen, die wir in unserer Jugend gespielt haben, eigentlich noch normal waren, weswegen ich damals nur mit meinen Geschwistern darüber gesprochen habe. Hier outet sich jemand und findet breiten Zuspruch. Ich bin beruhigt und schwelge in Erinnerungen.

Hat jemand meine Stoppuhr gesehen?

Die Katze und der Drehimpuls

Freunde von uns verbringen gerade ein paar ruhige Tage in Griechenland, und wir verbringen ein paar ruhige Tage in ihrem Haus (während meine Schwester wiederum ein paar ruhige Tage in unserem Haus verbringt). Neben der Wasserversorgung des Gartens ist eine unserer Aufgaben das Sicherstellen des Überlebens der Katze. Für eine Familie, die noch nie absichtlich Tiere in ihrem Haus beherberte, eine neue Erfahrung. Klar hatte ich als Bauernhofkind schon immer mal wieder mit Katzen zu tun, und interessant fand ich diese Katzen schon auch. Andere würden sagen, meine Beziehung zu Katzen in meiner Jugend mit „interessiert“ zu beschreiben würde die Sache nicht richtig treffen. Das mag sein, aber ich versichere, in den Bereich des im Mittelalter Üblichen ging mein „Interesse“ nie:

An Festtagen ging das Volk auf Katzenfang, um die armen Viecher zu quälen. Man spiesste sie auf Pfähle oder peitschte sie zu Tode; man röstete sie lebendigen Leibes oder warf sie ins kochende Wasser. Ein besonders beliebtes Gaudi war das Herunterwerfen der Katzen von einem Kirchturm.

via nzzfolio.ch

Das Herunterwerfen von Katzen ist eine wirklich faszinierende Sache, vor allem dann, wenn nicht die volle Kirchturmhöhe für die Drehung zur Verfügung. Der Katze reichen dafür einige Zentimeter Flughöhe:

Für die vollständige Bewegungskaskade braucht die Katze lediglich eine Achtelsekunde – das bedeutet, dass sie sich bei einem Sturz schon nach den ersten acht Zentimetern gedreht hat.

via nzzfolio.ch

Das ist das Faszinierende an diesen Tieren: Sie haben unglaublich empfindliche Sensoren, eine unglaublich schnelle Signalverarbeitung und bewegen sich unglaublich schnell und elegant. Allerdings gibt es ein Problem bei der Sache: Wie schafft es die Katze, sich ohne ein äußeres Drehmoment in der Luft um 180° zu drehen? Wiederspricht das nicht der Drehimpulserhaltung? Diese Frage beschäftigt Menschen immer wieder (ok, nicht alle…). Hier gibt es ein sehr schönes Video, das die Sache mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera auflöst:

Neu ist das allerdings nicht. Bereits 1894 zeigte Étienne-Jules Marey den Film einer fallenden Katze mit einer für damalige Verhältnisse unglaublichen Zeitauflösung von 60 fps:

Die Erklärungen in den Filmen leuchten ein, so klappt das mit der Drehimpulserhaltung. In einem anderen Film wird der Vorgang rein schematisch dargestellt, und dabei wird noch nicht mal das Strecken und Anziehen der Beine benötigt (was er der Katze in der Realität aber noch leichter macht):

Wir mögen die Katze hier, und sie uns scheinbar auch: Heute hat sie uns zum dritten Mal eine Maus vorbeigebracht.

U, S und A

Dass eine Billion in den USA etwas anderes ist als eine Billon bei uns hatte ich neulich bereits erwähnt. Es gibt aber noch mehr Unterschiede im Bezug auf Zahlen, wie diese Grafik (aus mir unbekannter Quelle) erschreckend schön zeigt:

Das führt schon mal zu Verständigungsschwierigkeiten auch jenseits von Sprachunterschieden.

Das folgende Video zeigt auch Verständigungsschwierigkeiten zwischen den USA und einem anderen Land. Hat aber nichts mit Zahlen zu tun. Jednefalls nichts mit „den Zahlen“, sondern eher mit „dem Zahlen“.