Archiv für den Monat: März 2016

DIY: Klavier stimmen

Ich mache ja gerne Dinge selbst. Dazu braucht man zum einen etwas Neugier, zum anderen darf man auch keine Angst davor haben, Dinge kaputt zu machen. Trotzdem sollte man wissen, wo die eigenen Grenzen liegen. Manchmal lohnt es sich aber, die bisherigen Grenzen etwas auszuweiten und Neues zu probieren.

Deshalb habe ich in diesem Jahr das Geld, welches ich üblicherweise jährlich für den Klavierstimmer bezahle, in diesem Jahr in ein bisschen Ausrüstung und Werkzeug investiert und beschlossen, mein Klavier selbst zu stimmen. Werkzeug und Ausrüstung allein reicht da allerdings nicht, ein bisschen Ahnung sollte man schon auch mitbringen, und da fängt das eigentliche Problem an. Das Stimmen eines Klaviers ist alles andere als trivial, was an ganz verschiedenen Dingen liegt, auf die ich im Detail hier gar nicht eingehen will. Kurz kann man sagen, dass es keinen simplen Tuner für Klaviere geben kann, denn die Stimmung hängt von sehr vielen instrumentspezifischen Parametern und Eigenschaften ab. Es gibt – anders als bei anderen Instrumenten – noch nicht mal eine mathematisch eindeutig richtig Stimmung eines Klaviers. Und da hat sich Prof. Haye Hinrichsen,  ein Physiker hier in Würzburg, vor einiger Zeit ein paar Gedanken gemacht, was dann hinter einer guten Stimmung stecken könnte. Sein Ansatz: Wenn ein Instrument gut gestimmt klingt könnte das daran liegen, dass die Entropie dann kleiner ist als bei einem verstimmten Instrument. Das Prinzip funktioniert offensichtlich besser als alles, was es bis dato an softwaregestützen Stimmverfahren gab. Und wie wir Spielkinder Physiker so sind hat Haye Hinrichsen die Idee in eine Software gepackt und diese für alle gängigen Plattformen kostenlos zur Verfügung gestellt: Voilà, der Entropie-Piano-Tuner. Vielen Dank!

Das Stimmen mit der Software geschieht in drei Schritten:

  1. Instrument analysieren. Dazu muss man jeden Ton des Klaviers mit der Software aufnehmen. Ein ordentliches Mikrofon ist nicht ganz unwichtig.
  2. Stimmung berechnen. Hat man jeden Ton des Klaviers gesampelt, dann kann die Software daraus easy die ideale Stimmung berechnen. Also easy für den Benutzer, nicht für das Programm. Das ganze ist ein recht komplexes, aber machbares Minimierungsverfahren.
  3. Klavier stimmen. Jetzt braucht man einen Stimmhammer, ein paar Keile zum dämpfen einzelner Saiten und etwas Zeit und Übung. Man sich jede einzelne Saite vor, spielt sie an und schaut, wie gut die Stimmung passt. Muss man einen Ton verändern ist das bei den tiefen Tönen noch recht einfach, weil tiefe Töne nur eine einzige Saiten haben. Die mittleren Töne haben zwei Saiten und die hohen drei, da ist das mit dem Abdämpfen der anderen Saiten und dem harmonischen Stimmen schon schwieriger. Aber machbar.

In einem Video erklärt Hinrichsen auch nochmal das Prinzip (und schaut dabei sehr lustig in die Kamera 😉 :

Nach insgesamt 2-3 Stunden Gesamtaufwand sah meine Stimmkurve am Ende so aus:

Man sieht zwar noch Abweichungen, aber die sind wirklich minimal und kaum stimmbar. Mit dem Ergebnis bin ich ziemlich zufrieden. Wobei ich auch sagen muss, dass mein Klavier noch gut in Stimmung war und nur einzelne Saiten korrigiert werden mussten. Das spricht durchaus für den Algorithmus der Entropie-Minimierung.

Fazit: Wer gerne Sachen selbst macht, keine Angst davor hat, Dinge auszuprobieren, ein bisschen einen Sinn für Musik und die Physik dahinter mitbringt, wer bereit ist, ein paar Euro für die Ausrüstung und etwas Zeit zu investieren, der hat mit dem Entropie-Piano-Tuner eine Software an der Hand, die das Klavier vielleicht nicht mit so viel Charakter versieht, wie es ein Profi-Stimmer könnte, es aber immerhin in einen ordentlich klingenden Zustand bringen und es in diesem halten kann. Mehr braucht man als Hobbypianist eigentlich nicht.

Murmeltier!

Jedes Wochenende sollte mit einem guten Videoclip eingeläutet werden. Ich hatte einen in der Pipeline und wollte ihn jetzt bloggen, aber dann kam mir doch tatsächlich Heidi Moggadodde zuvor. Egal, denn sie schrieb:

Ich. Muss. Es. Immer. Wieder. Anschauen.

(Moggadodde)

Es geht um Musik, unglaublich faszinierend hergestellte Musik. Mit einer tierischen Murmelmaschine. Manchmal sind Sachen zwar faszinierend gemacht, das eigentliche Ergebnis ist dann trotzdem so lala. Geht mir immer wieder bei virtuosen Musikclips so. Handwerklich unglaublich gut, aber wenn man die Augen zu macht klingt es nach nicht mehr viel. Hier ist das anders. Ich hatte das Video schon in Dauerschleife laufen, weil es eben einfach auch gut klingt. Und weil man es immer wieder anschauen und anhören muss schadet es auch nicht, wenn ich es hier auch noch mal verlinke. Film ab!

Fast vergessen: Der Typ in dem Film ist der schwedische Musiker Martin Molin. Wer mehr über die Maschine erfahren will sollte sich auf Martins Molins Youtube-Kanal umsehen, da gibt es viele Videos zum Bau und zur Funktionsweise des Murmeltiers.

Schönes Wochenende!