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Hanlons Rasiermesser

Rasieren ist ja nicht so mein Ding, ich lasse lieber zuerst wachsen und dann ab und an rasieren. Vielleicht war mir deshalb „Hanlons Rasiermesser“ bisher unbekannt. Es geht bei Hanlon allerdings nicht um ein echtes Rasiermesser, sondern eher um eine Lebensweisheit, mit deren Hilfe man die Wahrscheinlichkeit verschiedener Erklärungsmuster für menschliches Fehlverhalten abschätzen. Der im Englischen unter „Hanlon’s Razor“ bekannte Satz ist ganz schlicht:

Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist.

Oder in der Kurzform:

Geh nicht von Böswilligkeit aus, wenn Dummheit genügt.

Vielleicht sollten wir uns Hanlons Rasiermesser im neuen Jahr ab und zu zu Herzen nehmen und lieber auf der Seite der Naivität vom Pferd fallen als auf der des Misstrauens.

(Wenn wir schon dabei sind: Es gibt noch andere „Rasiermesser“, z.B. das (mir) bekanntere „Ockhams Rasiermesser„. Es besagt (etwas verkürzt), dass von mehreren Erklärungsmöglichkeiten die mit der geringsten Komplexität am wahrscheinlichsten ist. Dass man auch damit nicht immer zur richtigen Einschätzung kommt zeigt mindestens jeder zweite Tatort.)

Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners

Wie ich auf diesen Zeit-Artikel von 1998 (!) gestoßen bin kann ich nicht mehr sagen, ich hab ihn vor ein paar Tagen in meiner Pocket-Liste gefunden und gelesen. Ein Gespräch von Bernhard Pörksen mit dem Physiker und Philosophen Heinz von Foerster, welches auch in ausführlicher Buchform erhältlich ist. Kurz gesagt geht es um die Frage, ob es eine Wirklichkeit gibt, eine allgemeingültige und unabhängige Wahrheit. Fragen, die ich im Übrigen in der wisschenschaftlichen Ausbildung an der Uni mehr als vermisst habe.

Ich will hier gar nicht inhaltlich tief einsteigen (und könnte das vermutlich auch nicht), sondern lediglich fünf (zusammenhanglose) Ausschnitte zitieren. Als Appetitanreger sozusagen: Weiterlesen

Linien und Kreise

Auf irgendeinem Sender gibt es irgendeine Sendung in irgendwelchen Folgen, das alles spielt hier im Detail gar keine Rolle. Wer dabei aber eine Rolle spielt ist unser aller Loddar. Also er spielt die Rolle nicht wirklich, es ist eher so eine Reality-Sache. D.h. Loddar spielt an sich nicht, sondern man spielt mit ihm. Man spielt ihm sogar übel mit. Beispielsweise dadurch, dass man ihn unzensiert vor sich hin philosophieren lässt. Hier eine Kostprobe aus einer Szene, in der Loddar seine Einkäufe akkurat in den Kühlschrank räumt:

Linien sind immer wichtig für mich. Auch der Fußballplatz besteht ja eigentlich zum größten Teil auf…aus Linien. Es gibt zwei Halbkreise und einen ganzen Kreis, und sonst ist alles Linien. Und irgendwo ist das wahrscheinlich so’n bisschen, ja, hier oben im Kopf drinnen, alles auf Linien auszurichten, aber okay. Ab und zu darf auch mal was anders stehen, also so ist es nicht. Weil, man kann ja keinen Kreis als Linie hinstellen. Aber Kreise hintereinander kann man wieder als Linie hinstellen. Sagen wir mal so: Wenn ich jetzt wirklich weiß, das sind die gleichen Joghurts, und das eine läuft zwei Wochen früher ab, dann stell ich das natürlich nach vorne. Aber wenn was verfallen ist, schmeiß ich’s auch weg. Aber das ist eben im Supermarkt auch genauso. Im Supermarkt greift man am besten nach hinten, dann hat man das Joghurt in der Hand, das länger Haltbarkeit hat. Also, das ist eigentlich schon ganz normal. Ich glaube, das machen viele so. Ich glaube nicht, dass ich der Einzige bin, weil jeder will ja wissen, was im Kühlschrank steht. Und wenn ich weiß, was vorne steht, steht auch der hintere. Dann habe ich eine Übersicht. Übersicht ist mir wichtig, wie eben auch bei meinem Sport. Ich habe auch als Spielgestalter, als Mittelfeldspieler, als Antreiber hab ich ja auch eine gewisse Übersicht gehabt über das ganze Feld. Beim Autofahren hab ich auch eine Übersicht über den Straßenverkehr. Ich schau nicht nur das nächste Auto an, sondern ich möchte wissen: Was passiert vor dem Auto, das vor mir fährt? Weil: Dort kann ja was passieren, dass er vielleicht bremst. Der bremst ja nicht, wenn vorne nichts ist. Und deswegen ist es für mich schon wichtig, dass ich so ’ne Übersicht habe. Und die schaffe ich mir natürlich mit einer gewissen Ordnung. Und diese Ordnung habe ich im Kühlschrank.

via spiegel.de

Unendlich verrückt?

Verrueckte

Keiner ist so verrückt, dass er nicht noch einen Verrückteren findet, der ihn versteht.
(Friedrich Nietzsche)

Diese Postkarte hängt dank einer netten Kollegin seit gestern an meiner Bürotür. Mal ganz davon abgesehen, dass ich erstens die Karte lustig finde, dass mir zweitens nicht klar ist, warum sie ausgerechnte an meiner Tür hängt und dass drittens das Zitat wohl gar nicht von Nietzsche stammt: Der Satz wirft mathematische Fragen auf.

Mein Bauchgefühl sagt mir, dass der Satz nicht richtig sein kann. Dabei schwirren mir Schlagworte wie Konvergenz, unendliche Verrücktheit, endlicher (Menschheits-) Raum, infinitesimal, vollständige Induktion usw. im Kopf herum.

Findet sich einer, der mich versteht?

Dingeldingelding

„Das Wesen des Kruges ist die reine schenkende Versammlung des einfältigen Gevierts in eine Weile. Der Krug west als Ding. Der Krug ist der Krug als ein Ding. Wie aber west das Ding? Das Ding dingt. Das Dingen versammelt. Es sammelt, das Geviert ereignend, dessen Weile in ein je Weiliges: in dieses, in jenes Ding.“

(Martin Heidegger, Das Ding)

via alexkupsch.wordpress.com

Ich dachte eigentlich, den Google Translator gab es zu Heideggers Zeit noch gar nicht…

Rückrufaktion

Was Roboter betrifft, gibt es keine wirklichen sozialen, ethischen oder moralischen Fragen. Wenn die Maschine wiederholt die falschen Menschen tötet, steht allenfalls eine Rückrufaktion an.

via zeit.de

Das sagt ein Pentagon-Wissenschaftler zum zentralen Problem des Einsatzes von bewaffneten Robotersystemen.

Edit: Hier als Ergänzung noch ein eben erschienenes Interview mit der Technikphilisophin Jutta Weber über ferngesteuerten Krieg, autonome Roboter und humane Verantwortung: http://www.zeit.de/2010/27/Roboter-Interview