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Dominosteine eng oder weit stellen? Ein Experiment.

Gestern Abend stellte sich der Jüngere beim Spielen mit Dominosteinen eine Frage: Sind Dominosteine auf einer  bestimmten Strecke schneller, wenn man sie maximal weit auseinander oder wenn man sie ganz eng zusammen stellt?

Die Frage ist nicht trivial, immerhin gibt es bei diesem Prozess wohl teils konkurrierende Effekte:

  • Je weiter die Steine auseinander stehen, desto weniger Steine brauche ich für die Strecke, und desto weniger Umfallprozesse müssen stattfinden.
  • Je weiter die Steine auseinander stehen, desto länger dauert ein Umfallprozess, bis er den nächsten triggert.
  • Je enger die Steine zusammen stehen, desto mehr spielen Reibungsprozesse zwischen den Steinen eine Rolle.

Vermutlich wird es also irgendwo einen optimalen Steinabstand geben. Uns interessierten nun die beiden sinnvollen Grenzwerte, die man beim Stellen der Steine üblicherweise verwendet. Jetzt musste ein Experiment her. Wir stellten zwei Reihen an Steinen, die einen sehr eng zusammen, die anderen ziemlich weit auseinander. Die beiden Reihen mussten gleich lang sein, gleichzeitig gestartet werden und die Geschwindigkeit sollte gut sichtbar sein. Bevor du das Video mit der Lösung anschaust: Was ist dein Tipp?

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Die Summe aller natürlichen Zahlen ist negativ

Ich bin verwirrt, und wenn du 8 Minuten Zeit und ein bisschen mathematischen Sachverstand mitbringst (allerdings nicht zu viel), dann kannst du das auch gleich sein. Es geht um Folgendes:

Die Geschichte des jungen Schülers Carl Friedrich Gauß ist ziemlich bekannt, überliefert wurde sie uns von Wolfgang Sartorius von Waltershausen:

„Der junge Gauss war kaum in die Rechenclasse eingetreten, als Büttner die Summation einer arithmetischen Reihe aufgab. Die Aufgabe war indess kaum ausgesprochen als Gauss die Tafel mit den im niedern Braunschweiger Dialekt gesprochenen Worten auf den Tisch wirft: »Ligget se’.« (Da liegt sie.)“ Die genaue Aufgabenstellung ist nicht überliefert. Oft wird berichtet, dass Büttner die Schüler die Zahlen von 1 bis 100 (nach anderen Quellen von 1 bis 60) addieren ließ und Gauß feststellte, dass die erste und die letzte Zahl (1+100), die zweite und die vorletzte Zahl (2+99) usw. zusammen immer 101 ergeben. Der Wert der gesuchten Summe ergibt sich so zu 101 mal 50.

Entsprechend den damaligen Verhältnissen unterrichtete Büttner etwa 100 Schüler in einer Klasse. Damals waren auch Züchtigungen mit der sogenannten Karwatsche (Lederpeitsche) üblich. Sartorius berichtet: „Am Ende der Stunde wurden darauf die Rechentafeln umgekehrt; die von Gauss mit einer einzigen Zahl lag oben und als Büttner das Exempel prüfte, wurde das seinige zum Staunen aller Anwesenden als richtig befunden, während viele der übrigen falsch waren und alsbald mit der Karwatsche rectificirt wurden.“ Büttner erkannte bald, dass Gauß in seiner Klasse nichts mehr lernen konnte.

Das Zitat stammt aus dem Wikipedia-Artikel zur Gaußschen Summenformel, denn genau darum geht es:

$$ \sum\limits_{n=1}^k n = \frac{k(k+1)}{2}$$

Ganz offensichtlich ist das Ergebnis dieser Summe selbst wieder eine natürliche Zahl und dadurch auch positiv. Irgendwie intuitiv. Bis hierher ist meine Welt in Ordnung.

Spannend wird es, wenn wir die Summe jetzt nicht mehr nur bis k laufen lassen, sondern bis unendlich. Mathematiker behaupten folgendes:

$$\sum\limits_{n=1}^\infty n = -\frac{1}{12}$$

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Akustischer Synthesizer

Un-glaub-lich. Wenn man sich diese Videos ansieht ist einem anfangs gar nicht klar, was da so besonders sein soll: Jemand spielt auf einer Akustik-Gitarre, und die Töne, die man dann hört, sind massiv modifiziert. Klar, Kabel rein, Effekte drauf und ab damit auf den Lautsprecher. So läuft das normal. Hier nicht. Hier wird noch mit echter Physik gearbeitet:

Kein Kabel, kein Lautsprecher, nix. Mit kleinen Magnetfeldern werden die Schwingungen der Saiten so modifiziert, dass die Gitarre akustisch diese Sounds ausgibt.

Hier noch ein Filmchen von ein paar Gitarristen, die das Teil erstmals in die Hand bekamen und teils etwas ungläubig reagierten: Weiterlesen

Was ist eigentlich Magenta?

Die Geschichte mit den Farben hat man eigentlich verstanden, wenn man sich so ein bisschen für die Physik des Lichts interessiert (Schulniveau), in Biologie beim Thema „Auge“ nicht komplett gepennt hat (also auch Schulniveau) und gleichzeitig mal ein bisschen mit Farbsystemen zu tun hatte (Hobbyniveau). Glaubt man. Glaubte ich. Denn all das hatte  ich artig getan, trotzdem war mir nicht klar, was Magenta für eine komische Farbe ist. Komisch ist kein sonderlich präziser Ausdruck, besser sagt man: Magenta ist keine Spektralfarbe. Hätte mir durchaus mal auffallen können, dass Magenta nicht im Farbspektrum des Regenbogens vorkommt. Ist es aber nicht. Bis mir das folgende Video die Augen geöffnet hat:

Die Katze und der Drehimpuls

Freunde von uns verbringen gerade ein paar ruhige Tage in Griechenland, und wir verbringen ein paar ruhige Tage in ihrem Haus (während meine Schwester wiederum ein paar ruhige Tage in unserem Haus verbringt). Neben der Wasserversorgung des Gartens ist eine unserer Aufgaben das Sicherstellen des Überlebens der Katze. Für eine Familie, die noch nie absichtlich Tiere in ihrem Haus beherberte, eine neue Erfahrung. Klar hatte ich als Bauernhofkind schon immer mal wieder mit Katzen zu tun, und interessant fand ich diese Katzen schon auch. Andere würden sagen, meine Beziehung zu Katzen in meiner Jugend mit „interessiert“ zu beschreiben würde die Sache nicht richtig treffen. Das mag sein, aber ich versichere, in den Bereich des im Mittelalter Üblichen ging mein „Interesse“ nie:

An Festtagen ging das Volk auf Katzenfang, um die armen Viecher zu quälen. Man spiesste sie auf Pfähle oder peitschte sie zu Tode; man röstete sie lebendigen Leibes oder warf sie ins kochende Wasser. Ein besonders beliebtes Gaudi war das Herunterwerfen der Katzen von einem Kirchturm.

via nzzfolio.ch

Das Herunterwerfen von Katzen ist eine wirklich faszinierende Sache, vor allem dann, wenn nicht die volle Kirchturmhöhe für die Drehung zur Verfügung. Der Katze reichen dafür einige Zentimeter Flughöhe:

Für die vollständige Bewegungskaskade braucht die Katze lediglich eine Achtelsekunde – das bedeutet, dass sie sich bei einem Sturz schon nach den ersten acht Zentimetern gedreht hat.

via nzzfolio.ch

Das ist das Faszinierende an diesen Tieren: Sie haben unglaublich empfindliche Sensoren, eine unglaublich schnelle Signalverarbeitung und bewegen sich unglaublich schnell und elegant. Allerdings gibt es ein Problem bei der Sache: Wie schafft es die Katze, sich ohne ein äußeres Drehmoment in der Luft um 180° zu drehen? Wiederspricht das nicht der Drehimpulserhaltung? Diese Frage beschäftigt Menschen immer wieder (ok, nicht alle…). Hier gibt es ein sehr schönes Video, das die Sache mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera auflöst:

Neu ist das allerdings nicht. Bereits 1894 zeigte Étienne-Jules Marey den Film einer fallenden Katze mit einer für damalige Verhältnisse unglaublichen Zeitauflösung von 60 fps:

Die Erklärungen in den Filmen leuchten ein, so klappt das mit der Drehimpulserhaltung. In einem anderen Film wird der Vorgang rein schematisch dargestellt, und dabei wird noch nicht mal das Strecken und Anziehen der Beine benötigt (was er der Katze in der Realität aber noch leichter macht):

Wir mögen die Katze hier, und sie uns scheinbar auch: Heute hat sie uns zum dritten Mal eine Maus vorbeigebracht.

Gott würfelt nicht

Es schrieb einst Einstein (ich bin versucht, „(einst)²-ein“ zu schreiben…) im Blick auf die aufkommende Heisenbergsche Unschärferelation:

Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt davon, dass der nicht würfelt.

via de.wikipedia.org

Einstein hatte Recht, „der Alte“ würfelt nicht. Und Einstein hatte auch Recht damit, dass er dennoch ein Geheimnis hat. Von diesem allerdings konnte Einstein noch keine Ahnung haben:

via abstrusegoose.com